Einführung der Sonntagsruhe vor 1700 Jahren Zweites Edikt Kaiser Konstantins am 3. Juli 321

Immer wieder wird der gemeinsame arbeitsfreie Sonntag durch die gesellschaftliche Entwicklung und von interessierter Seite auszuhebeln versucht. Corona hat die schon lange vorhandene Tendenz deutlich verstärkt und sichtbar werden lassen. Diese Entwicklung betrifft diejenigen ganz besonders, die sich im Spannungsfeld zwischen der rund um die Uhr verfügbaren digitalen Welt und der analogen Welt befinden.

Seit 4000 Jahre kennt man die Sieben-Tage-Woche.

Sie stammt aus der babylonischen Tradition. Der Sonntag als Fest- und Freudentag beginnt seinen Siegeszug im Römischen Reich. Der gemeinsame arbeitsfreie Sonntag geht dort auf die Christen in Rom zurück. Sie richten sich nach dem neuen Testament und teilen ihre Zeit nach der Auferstehung Christi und dessen Kreuzigung in den schon lange gelebten Sieben-Tage-Rhythmus ein.

Im März 321 erlässt Konstantin ein Edikt.

Es stellt fest, dass „am Tag der Sonne alle Richter und das Volk in den Städten und die Arbeit in allen Künsten und Handwerken ruhen“ sollen. Am 3. Juli 321 kommt noch ein weiteres Edikt dazu. Damit gilt dieses Datum als der Beginn des arbeitsfreien siebten Tags der Woche von nunmehr 1700 Jahren! In der frühen Neuzeit wird staatlicherseits völlige Sonntagsruhe gesetzlich verordnet. In der Weimarer Verfassung ist der Sonntag als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ verankert. Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 ist gemäß Art. 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes. Er bestimmt, dass der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich auch im Geltungsbereich unseres Grundgesetzes geschützt bleibt. Der arbeitsfreie siebte Tag der Woche ist damit eine der größten und dauerhaftesten kulturellen Errungenschaften, die die jüdisch-christliche Tradition hervorgebracht hat. Es liegt nunmehr an uns allen, durch unseren  Lebensstil dazu beizutragen, dieses hohe Gut zu bewahren.Die seit Jahrhunderten bestehende Zeiteinteilung wird durch den Digitalen Wandel infrage gestellt.

Wirtschaftliche orientierte Interessengruppen fordern die Abschaffung dieser tradierten Zeit-Einteilung. Auch das ist nicht neu. Im Verlauf der Geschichte des Christlichen Abendlandes ist die kulturelle Errungenschaft einen Tag der Woche gemeinsam arbeitsfrei zu stellen immer wieder in Frage gestellt worden. Auch Napoleon scheiterte mit seinem Versuch. Heute gehören Kirchen und Gewerkschaften zu den wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen, die sich gegen die Abschaffung eines gemeinsamen wöchentlichen Ruhetags einsetzen. Sie wollen erreichen, dass die Sonntagsruhe als gesellschaftlicher Konsens erhalten bleibt. Es ist in ein mutiger und schwierig zu verteidigender Standpunkt, sich dem vorherrschenden Mainstream entgegen zu stellen. Der Ausgang dieses gesellschaftlichen Diskurses ist offen.

 



Der Sicherstellungsauftrag für die Arzneimittelversorgung ist am Sonntag Notdienst.

Es gibt in unsere Gesellschaft und Lebenswelt allerdings systemrelevante Tätigkeiten, die auch am Sonntag erforderlich sind. Das gilt insbesondere für viele Aufgaben im Gesundheitsbereich, die zwingend auch sonntags ausgeführt werden müssen. Sonntagsarbeit wird zur Sicherung der Arzneimittelversorgung durch die Apotheke an Wochenenden geleistet. Der Sicherstellungsauftrag wird als Notdienst betrachtet und auch so ausgeübt. Eine zuverlässige Arzneimittelversorgung für die Menschen kann man nicht einfach für einen Tag in der Woche abstellen. Beispielsweise wird auch im Flugverkehr 365 Tage 24 Stunden am Tag gearbeitet wird. Darüber hinaus gibt noch viele weitere Tätigkeiten, die am Sonntag nicht aufhören können. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch die vielen ehrenamtlichen Tätigkeitsbereiche, die dann ausgeführt werden, wenn viele Menschen frei haben oder feiern wollen. In meiner Heimatstadt Aachen ist die Absicherung von Großveranstaltungen zum Beispiel im Pferdesport, im Karneval oder auch beim Karlspreis eine ganz besondere Herausforderung.

Sonntagsarbeit auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen

Ich persönlich setze mich seit langem dafür ein, dass die Sonntagsarbeit auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen ist. In einer meiner Funktionen habe ich die Digitalisierungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen aus Frauensicht begleitet. Die Digitalisierung birgt aus meiner Erfahrung insbesondere für Frauen ein hohes Risiko für die Entgrenzung von Privatleben und Erwerbsarbeit. Diese Gefahr wurde in der Coronakrise nicht nur ganz besonders deutlich sichtbar. Oftmals wurde hier die rote Linie überschritten. Die Verpflichtung zur Mobilen Arbeit im Home-Office brachte Frauen mit Kindern in dieser Zeit oft an die Grenzen dessen, was noch leistbar war. Wenn in Partnerschaften beide Geschlechter verbindlich von zuhause ausarbeiten mussten, konnte man häufig beobachten, dass diejenigen Frauen, die deutlich weniger verdienen mit ihrer Arbeit in die unattraktiven Abendstunden und ins Wochenende abgedrängt wurden. Die Hauptleidtragenden unter den Frauen waren die Mütter beziehungsweise die Familien.

Hohes Aufweichungsrisiko der Arbeitsruhe am Sonntag durch Homeoffice

Die Digitalisierung bringt vielen Menschen neue Möglichkeiten und viele Chancen. Sie birgt aber auch schwer einzuschätzende Risiken, die man rechtzeitig erkennen und eingrenzen muss. Die Aufweichung der Arbeitsruhe am siebten Wochentag gehört unzweifelhaft dazu. Das über Jahrhunderte bestehende Kulturgut, den siebten Wochentag als Ruhetag zu erhalten gehört zu den wichtigsten Herausforderungen der nachpandemischen Zeit.

Packen wir’s gemeinsam an!

Quelle: Zugriff 3.7.2021

Zum Nachhören: https://bit.ly/3ylXsRu

 

 

Autor: Elisabeth Thesing-Bleck

Elisabeth Thesing-Bleck brachte berufspolitisch in der Apothekerkammer Nordrhein eine neue zukunftsweisende Weiterbildungsmöglichkeit für Apothekerinnen und Apotheker auf den Weg, die „Geriatrische Pharmazie“. Sie nahm sie selbst am ersten Weiterbildungszyklus in Deutschland teil und wurde so zur „Geriatrischen Pharmazeutin“. Danach gründete die Fachapothekerin ihr Unternehmen ConceptionApo. Als freiberuflich tätige Referentin hat sie sich auf Fortbildungen mit geriatrischem Schwerpunkt spezialisiert. Die Seniorenexpertin schult vorzugsweise Pharmazeutisches Apothekenpersonal.

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