Geschlossene Räume werden zum Corona-Hotspot – Frischluft beugt Ansteckung durch Aerosole vor

An der frischen Luft sind Corona-Viren fast kein Problem. Gefährlicher wird´s im Innenraum. Eine Ursache sind die Aerosole. Was ist das überhaupt? Und warum ist das so?

Was ist ein Aerosol?

Ein Aerosol ist ein Gemisch aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen und Luft. Diese kleinen Teilchen heißen „Aerosolpartikel“ oder „Aerosolteilchen“. Aerosolteilchen sind extrem kleine Mikropartikel, die überall in der Luft vorkommen. Sie sind so klein, dass sie einzeln mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Sichtbar werden sie nur dann, wenn sie in einer sehr großen Konzentration in der Luft vorkommen, wie zum Beispiel in den Wolken oder als Nebel oder wenn sie mit Festsoffen beladen sind wie beispielsweise im Zigarettenrauch.

Der Qualm von E-Zigaretten ist chemisch gesehen ein mit Feststoffen beladenes Aerosol. Im täglichen Leben läßt sich hier gut beobachten, wie sich ein von Menschen ausgeatmetes Aerosol in der Umgebungsluft verteilt.

Unterschiedliche Aerosol-Arten
Es gibt verschiedene Arten von Aerosolen. Diese findet man oft in unserer Umgebung. Bekannte Beispiele findet man als Zigarettenrauch, als Nebel aus einer Spraydose und auch als Ruß oder Qualm aus einem Autoauspuff. Aerosolpartikel aus Meersalz entstehen zum Beispiel in der Brandung oder wenn durch den Wind kleine Salzwassertröpfchen vom Meer aufgewirbelt werden. Unterschiedliche Aerosole werden auch durch die Luftbewegung ständig von der Bodenoberfläche aufgewirbelt und je nach Windrichtung und Windstärke zum Teil weit verteilt.

Aerosole in der Pharmazie
In der Pharmazie werden Aerosole als Inhalationstherapie bei Bronchialerkrankungen angewendet. Dosier-Aerosole zerstäuben Medikamente, die die Patient*innen dann durch eine Inhalation in den Körper aufnehmen können. Diese Arzneiform kann zum Beispiel bei Unverträglichkeiten von Tabletten oder Spritzen zielführend eingesetzt werden. Zurzeit laufen Versuche, ob eine Inhalation auch zur Impfung gegen Covid 19 erfolgreich eingesetzt werden könnte.

Wie verhalten sich Aerosole?
Aerosole unterliegen ständigen Änderungen. So verschmelzen beispielsweise kleine Teilchen zu größeren. Aerosolpartikel beginnen ab einer bestimmten Luftfeuchtigkeit Tröpfchen zu bilden. Je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto größer werden die Tröpfchen. Oft stoßen diese auch zusammen. Dann beginnt es zu regnen. Aerosolteilchen scheiden sich aber auch in der Umgebung oder an Gegenständen ab zum Beispiel als Tautropfen.

Aerosole können längere Zeit in der Luft schweben und durch Luftbewegungen transportiert werden. Je kleiner die Aerosolteilchen sind, desto länger bleiben sie im Wind schweben. Sehr kleine, leichte Partikel können sich Stunden bis Tage in der Luft halten.

An die Aerosolpartikel lagern sich die unterschiedlichsten Stoffe an. Die angelagerten Stoffe können dadurch lange in der Luft bleiben und zudem durch Luftströmungen sehr weit verbreitet werden. Ein bekanntes Beispiel – durch eine Anlagerung von Duft- und Aromastoffen beim Kochen können die zubereiteten Speisen oft weit entfernt und lange gerochen werden.

Chöre lassen aufhorchen
Wissenschaftler*innen vermuteten schon lange, dass Aerosole bei der Übertragung von Sars-Cov-2 eine entscheidende Rolle spielen. Zum Beispiele hat die Übertragungen von Corona-Viren in Chören deutlich auf die Gefahr hingewiesen, dass Menschen beim Singen, beim lauten Sprechen oder beim Sport fortlaufend Aerosole ausstoßen, die mit Krankheitserregern beladenen sein können und damit Krankheiten weiterverbreiten können. Oft reicht schon flaches Atmen aus um Aerosole in die Umwelt zu entlassen. Jetzt hat eine US-Studie zum ersten Mal präzise nachgewiesen, dass Aerosole lebende und damit infektiöse Coronaviren übertragen können. Eine besonders große Gefahr geht dabei von symptomlos infizierten Menschen aus. Erkrankte Menschen husten und niesen schubweise Viruswolken in den Raum. Forscher*innen fanden Viren, die durch Aerosole übertragen wurden, mehr als vier Metern von den erkrankten Menschen entfernt. In der Medizin ist der Nachweis von außerordentlicher Bedeutung, dass sich nicht nur feste Stoffe, sondern auch Bakterien und Viren an Aerosolpartikel anlagern können.

Beladene Aerosole übertragen Krankheiten
Aerosolteilchen werden stetig von Menschen eingeatmet. Ein Teil der inhalierten Aerosolpartikel scheidet sich im menschlichen Atemtrakt ab und überträgt so nicht nur die unterschiedlichsten Stoffe, sondern leider auch Krankheitserreger. Teilchen mit einem Durchmesser zwischen 0,5 µm und 1 µm dringen besonders tief in die Lunge ein. Größere Teilchen scheiden sich schon in der Nase, im Rachen oder im Bereichen der oberen Atemwege ab. Im Atemtrakt verweilen Aerosolteilchen eine gewisse Zeit. Krankheitserreger verteilen sich dadurch schnell auf den gesamten Organismus. Die Flimmerhärchen im Bronchialbereich befördern Bakterien und Viren, die der Körper dort hinterlegt hat, mechanisch aus dem Atemtrakt heraus.

Corona-Falle Innenraum
In Innenräumen ist aufgrund des beschränkten Luftvolumens die Wahrscheinlichkeit einer Anreicherung infektiöser Partikel generell höher als im Freien. Gerade in geschlossenen Räumen können die mit Krankheitserregern beladenen Partikel lange in der Raumluft bleiben.

Aerosole

Luftströmungen zum Beispiel durch Klimaanlagen können die Schwebeteilchen außerdem in eine bestimmte Richtung lenken oder die Zeit verlängern, bis sie zu Boden sinken oder in die Außenluft abgeführt werden. Deshalb können im Raum schwebende Aerosolteilchen von Menschen auch dann noch eingeatmet werden, wenn der Spreader das Zimmer schon lange verlassen hat. Das wird auch durch eine Studie aus China belegt. Die weitaus meisten Corona-Ausbrüche finden nach diesem Bericht in geschlossenen Räumen statt. Wissenschaftler haben knapp 320 Ereignisse mit mindestens drei Corona-Neuinfektionen untersucht. Das Ergebnis überrascht wenig. Nur in einem Fall konnte ein Übertragung im Freien nachgewiesen werden. Alle anderen gingen auf Ansteckungen in geschlossenen Räumen zurück. Die meisten Menschen steckten sich zu Hause an.

 

Fazit
Die aktuelle Studienlage unterstreicht nachhaltig den Sinn der geltenden Hygieneregeln. Sie belegt vor allem das Tragen von Masken. Durch konsequentes Tragen eines Mund-Nasenschutz kann das Risiko einer Krankheitsübertragung durch Aerosole verringert werden. Das gilt insbesondere in geschlossenen Räumen mit und ohne Klimaanlage. Je nach Qualität können Masken Schwebeteilchen zwar nicht vollständig herausfiltern. Sie können aber ihre Anzahl und damit das Ansteckungsrisiko deutlich verringern.

 

 

Quellen und weiterführende Literatur

Bild:  © Pixabay: MartinTajmr, Gerd Altmann, Oskar Espinosa 

 

 

 

Autor: Elisabeth Thesing-Bleck

Elisabeth Thesing-Bleck brachte berufspolitisch in der Apothekerkammer Nordrhein eine neue zukunftsweisende Weiterbildungsmöglichkeit für Apothekerinnen und Apotheker auf den Weg, die „Geriatrische Pharmazie“. Sie nahm sie selbst am ersten Weiterbildungszyklus in Deutschland teil und wurde so zur „Geriatrischen Pharmazeutin“. Danach gründete die Fachapothekerin ihr Unternehmen ConceptionApo. Als freiberuflich tätige Referentin hat sie sich auf Fortbildungen mit geriatrischem Schwerpunkt spezialisiert. Die Seniorenexpertin schult vorzugsweise Pharmazeutisches Apothekenpersonal.

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