1. Oktober 2021: Welt-Seniorentag wird 30! Internationaler Tag der älteren Generation

Wenn Haus oder Schreibtisch leer sind…
Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Eintritt ins Senioren-Alter

Aachen – Der Übergang vom der Berufs- oder Carearbeit in den Seniorenstatus ist für viele Menschen ist ein wichtiger Einschnitt, der oft unterschätzt wird. Was tun, wenn der Schreibtisch oder das Haus plötzlich leer sind? Reisen, Ausschlafen, unendlich viel Freizeit, ein solcher Ruhestand erscheint vielen gestressten Menschen wie ein erstrebenswertes Paradies. Oft hält allerdings ihre erste Einschätzung nicht allzu lange an und zeigt ziemlich schnell einige Tücken.

Wer ist ein Senior oder eine Seniorin?

Eine klare Altersgrenze, ab wann Menschen zu den Seniorinnen oder Senioren gehören, gibt es nicht. So spielen im Tennis Damen und Herren ab einem Alter von 30 Jahren bereits in der Altersklasse „Senioren“. [1] In Deutschland wird 50+, 55+ oder 60+ oft als Altersgrenze für den Eintritt in den dritten Lebensabschnitt genannt. Die Mehrheit der Menschen definiert Personen mit in Kürze bevorstehendem oder bereits vollzogenem Rückzug aus dem Erwerbsleben im engeren Wortsinn als Senior oder als Seniorin.

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Der Internationale Tag der älteren Generation feiert im Jahr 2021 seinen 30. Geburtstag!

Der „International Day of Older Persons“ geht auf den Beschluss der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 1990 zurück. Bereits seit 1991 wird dieser Aktionstag in jedem Jahr am 1. Oktober begangen. Der internationale Tag der älteren Generation soll regelmäßig auf die Situation und die Belange der Älteren aufmerksam machen, wird aber immer noch nicht ausreichend wahrgenommen. Umgangssprachlich wird dieser Gedenktag
als Welt-Seniorentag bezeichnet.

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Wann wird Mann zum Senior?

Nach dem Übergang vom aktiven Berufsleben in den Ruhestand sind die Tagesabläufe vieler Männern nicht mehr so klar durchstrukturiert wie früher. Telefon und Mail stehen still. Langjährige Kontakte zu den Kollegen und Kolleginnen können oft nur schwer aufrechterhalten werden. Und das wohl wichtigste, Anerkennung und Wertschätzung für berufliche Leistungen fehlen. „Das macht ganz besonders Männern zu schaffen“ erläutert Elisabeth Thesing-Bleck. „Männer definieren sich immer noch viel stärker als Frauen über ihren Beruf,“ so die Seniorenexpertin weiter, „für Personen, die aktuell aus Berufs- oder Carearbeit ausscheiden, gibt es auch heute noch rollenspezifische Unterschiede,“ erklärt die die Geriatrische Pharmazeutin. Vielen Männern droht kurz nach ihrem Eintritt in den Ruhestand ein tiefes Loch. Nicht selten erleben sie statt des erhofften Paradieses eine handfeste Krise. Personen, die viele Jahre intensiv berufstätig waren, wissen häufig nach dem Übergang ins Privatleben kaum etwas mit sich anzufangen. Einige von ihnen fühlen sich überflüssig. Oft gehen sie sich selbst und auch ihren Partnerinnen oder Partnern auf die Nerven.

Männer in Führungspositionen waren streng durch getaktet.

Männer nehmen immer noch viel häufiger Führungsaufgaben wahr als Frauen. Nach der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit wird häufig gerade in dieser Gruppe das so genannte „Empty-Desk-Syndrom“ des leeren Schreibtisches beobachtet. Der Wechsel von einer VIP-Person zu einer Privat-Person nagt deshalb oftmals massiv am Selbstbewusstsein von Männern und kann zudem Selbstzweifel begünstigen. Ihr Leben war bis dahin so stark von ihrer Arbeitswelt geprägt, dass sie kaum Zeit hatten, Freundschaften oder Hobbys zu pflegen, auf die sie nach Eintritt in ihren Ruhestand zuverlässig zurückgreifen können. Diejenigen Führungskräfte, die in ihrem Beruf viel Macht und einen hohen Status innehatten, fällt es daher besonders schwer, den Übergang in die Rente zu verkraften. In ihrer Arbeitswelt waren sie mit einer hohe Entscheidungsfreiheit ausgestattet. Nach dessen Ende werden sie nunmehr mit massiven Verlusterfahrungen konfrontiert.

Weibliche Lebensentwürfe sind anders.

Die wenigsten der heutigen Seniorinnen definierten sich in so hohem Maße über ihren Beruf wie altersgleiche Männer. Das ist derzeit immer noch ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Geschlechtern. Ein nicht unerheblicher Teil der Frauen im dritten Lebensabschnitt lebte viele Jahre ein traditionelles Rollenmodell. Ein großer Teil von ihnen kümmerte sich ganz oder teilweise um Familien- und Carearbeit. Einige Frauen übten ihren Beruf als Teilzeit-Tätigkeit aus und widmeten sich in der übrigen Zeit familiären Aufgaben und der Pflege von Sozialkontakten.

Empty-Nest und Empty-Desk

Mütter, die sich selbst über lange Zeit überwiegend als Familien-Frauen verstanden haben, leiden vielfach um die Lebensmitte herum an einen „ç“, das dem  der Männer vergleichbar zu sein scheint. Die Kinder sind flügge geworden und das Nest ist leer. Davon leitet sich die Bezeichnung Empty-Nest-Syndrom ab.

Es gibt Frauen, die mit einer plötzlichen Leere im Haus nicht gut umgehen können. Auch für sie hat sich von jetzt auf gleich ihr ganzer Tagesablauf geändert. Ihre feste Tagesstruktur zu der beispielsweise gehörte, rechtzeitig für die Kinder das Essen zu kochen, Wäsche zu waschen oder auf zu räumen ist plötzlich weggefallen. Zudem fehlt ihnen oft das bunte Treiben im Haus. Das Empty-Nest-Syndrom tritt in der Regel dann auf, wenn die Kinder schon ausgezogen sind und damit der bisheriger Haupt-Lebensinhalt plötzlich fehlt. Im Unterschied zu den Männern ist der damit verbundene Umbruch bei Frauen viel früher, nämlich bereits in der Lebensmitte zu beobachten. Das Empty-Nest-Syndrom tritt somit in viel jüngerem Lebensalter auf als das Empty-Desk-Syndrom!

Die Chancen für eine notwendig werdende Neuorientierung sind damit für Betroffenen deutlich besser als für Führungskräfte nach deren Übergang ins Seniorendasein. Viele Frauen nutzen das Empty-Nest-Syndrom zum Beispiel zu einer Neupositionierung in ihrem erlernten Beruf oder intensivieren ihre sozialen Kontakte. Außerdem kann man beobachten, dass in dieser Lebensphase verstärkt auch bürgerschaftliches Engagement ausgeübt wird.

==================================================================================Die Zahl der Älteren wächst,  die der Jüngeren sinkt.

Die seit langem mit steigender Lebenserwartung zu beobachtende demografischen Entwicklung lässt erwarten, dass ältere Menschen zunehmend später als heute aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Eine genaue Vorsage dazu trifft die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Danach wird es im Jahr 2030 in Deutschland voraussichtlich mehr Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahren geben als im Alter unter 20 Jahren.

Die Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 prognostiziert für den Beginn des kommenden Jahrzehnts sogar 1,5 bis 2,4 Millionen Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahre. Nur noch etwa 1,1 Millionen Menschen werden dann 15 bis 19 Jahre alt sein.[3]

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Chancen für Männer mit Empty-Desk-Syndrom

Berufstätigkeit ist nicht nur mit Belastung, Druck und Stress verbunden. Sie verschafft auch Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und verleiht Anerkennung. Wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, gehen davon positive Effekte auf die psychische Gesundheit aus. Berufstätigkeit stiftet Sinn, schafft Verbundenheit mit anderen Menschen und bietet die Chance, sich mit allen Fähigkeiten als Persönlichkeit zu entfalten.[2] Das scheint mehr und mehr auch von Seniorinnen und Senioren genutzt zu werden. Die Zahl der Erwerbstätigen im Rentenalter steigt kontinuierlich an. Offenbar stehen dabei nicht ausschließlich die finanziellen Aspekte im Vordergrund, die einige der über 65-Jährigen wieder in eine dem dritten Lebensabschnitt angepasste Berufstätigkeit zurückkehren lassen. Erwerbstätige Rentner und Rentnerinnen erscheinen oft zufriedener.

Letztlich sollte es das Ziel der Rückkehr in die Arbeitswelt sein, eine neue, andersartige nachberufliche Identität zu entwickeln. Neue Aufgaben können als Projekt ausgelegt sein. Sie  müssen nicht zwangsläufig zur Vollzeittätigkeit werden. Die Umsetzung braucht Zeit, deshalb ist es sehr sinnvoll, möglichst frühzeitig darüber nachzudenken und rechtzeitig Ideen zu sammeln, wie man sich auf die den Eintritt in die dritte Lebensphase gezielt vorzubereiten kann. Der rechtzeitige Wechsel in eine neue ehrenamtliche Tätigkeit kann ebenfalls die eigene Zufriedenheit erhöhen. Auch ein fließender Übergang hilft den Berufsausstieg zu erleichtern.[2]

Neue Möglichkeiten nutzen

Es gibt zunehmend mehr Möglichkeiten ein ausgefülltes Leben als Senior oder Seniorin zu führen. Eine aktive Teilnahme am sozialen Leben und ein gesunder Lebensstil ist gerade für ältere Menschen besonders wichtig. Dazu kann man den Kontakt zu alten Freunden wieder aufnehmen, sich um die Enkel kümmern oder jungen Menschen eignes Wissen und seine Erfahrungen weitergeben. Für das gezielte Training der geistigen Fitness kann es hilfreich sein, eine neue Sprache zu erlernen oder am Seniorenstudium teilzunehmen. Im Alter braucht auch der eigene Körper zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Deshalb wird es mit fortschreitendem Alter wichtiger, mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Regelmäßiger Sport bildet eine wichtige Voraussetzung, um nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern auch die geistige Beweglichkeit bis ins hohe Alter hinein aufrecht zu erhalten. Sport in einem Verein, in einem Fitnesscenter oder in einer Bildungseinrichtung schafft zudem neue Kontaktmöglichkeiten. Ein Männer-Kochklub bietet häufig auch Kompetenzen zur gesunden Ernährung an, die im hektischen Berufsalltag der früheren Jahre oft zu kurz gekommen sind.

 

Quellen

[1] http://www.tvgg1968.de/index.php/8-verein/30-altersklassen-im-tennis

[2] https://www.aok-bv.de/presse/medienservice/ratgeber/index_22075.html

[3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/11/PD20_436_12411.html

 

Bilder © Pixabay / Steve Buisinne / Gerd Altmann / 6581245

Autor: Elisabeth Thesing-Bleck

Elisabeth Thesing-Bleck brachte berufspolitisch in der Apothekerkammer Nordrhein eine neue zukunftsweisende Weiterbildungsmöglichkeit für Apothekerinnen und Apotheker auf den Weg, die „Geriatrische Pharmazie“. Sie nahm sie selbst am ersten Weiterbildungszyklus in Deutschland teil und wurde so zur „Geriatrischen Pharmazeutin“. Danach gründete die Fachapothekerin ihr Unternehmen ConceptionApo. Als freiberuflich tätige Referentin hat sie sich auf Fortbildungen mit geriatrischem Schwerpunkt spezialisiert. Die Seniorenexpertin schult vorzugsweise Pharmazeutisches Apothekenpersonal.

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